Stark sein bedeutet, immer wieder aufzustehen – Maras Geschichte

Datum: 30.04.2015 | Kategorie(n): News, Stories

Mara hat ein bilaterales Retinoblastom – einen bösartigen Tumor in beiden Augen. Dies wurde im Alter von 4 Monaten bei der U4 vom Kinderarzt erkannt. Claudia Lerner, Maras Mutter, hat der KinderAugenKrebsStiftung ein bewegendes Interview gegeben. Dafür danken wir ihr sehr.

 

Liebe Familie Lerner, was genau hat Ihre Tochter und wann und wie haben Sie davon erfahren?

Bis dato war uns diese Krankheit völlig unbekannt, selbst der Kinderarzt kannte diese Krankheit zuvor nur aus der Literatur, hat aber dennoch gleich richtig gehandelt. Wir sind ihm noch bis heute wahnsinnig dankbar. Nach mehreren Untersuchungen in verschiedenen Kliniken, stand die Diagnose dann eindeutig fest und für uns brach eine Welt zusammen…

Wie war die Zeit während Maras Behandlung? Wie haben Sie als Familie das alles geschafft?

Auf einen Schlag ändert sich alles und nichts ist mehr wie es bisher war. Alle Zukunftspläne, alle Träume sind auf einen Schlag wie weggeblasen. Nichts erscheint mehr einen Sinn zu ergeben und alles andere wird unwichtig…

Und immer wieder die Frage: Warum gerade Mara?

Einer der Ärzte sagte treffender Weise zu uns: Sie hatten einfach Pech!

Irgendwann rappelt man sich jedoch wieder auf und fängt zu kämpfen an. Gerade weil wir sahen und spürten, wie Mara das alles verkraftet, selber kämpft und nie aufgibt.

Das rechte Auge, in dem der Tumor schon sehr weit fortgeschritten war, wurde direkt entfernt und Mara hat dort nun ein Glasauge.

Um das linke Auge zu retten wurde nach diversen Untersuchungen die Chemotherapie begonnen. Nach drei von sechs Blöcken wurde diese aber abgebrochen, da sich neue Tumore gebildet hatten.

Danach folgte die Bestrahlungstherapie – 5 Wochen täglich unter Narkose, stationär in der Uniklinik Essen.

Diese Therapie schien anfangs gut angeschlagen zu haben. Doch bereits bei der 2. Kontrolle erkannten die Ärzte ein Rezidiv.

Ein weiteres Mal hat es uns den Boden unter den Füßen weggezogen, da wir nach der Strahlentherapie eigentlich sicher waren, den Krebs besiegt zu haben. In diesem Moment mussten wir uns mit dem Gedanken befassen, dass es möglich ist, auch noch das 2. Auge zu verlieren.

Die Essener Ärzte schlugen uns dann die intraarterielle Chemotherapie (IAC) vor. Hier wird das Chemomittel Melphalan durch einen Katheter direkt ins Auge gegeben. Diese Therapie war unsere letzte Chance, die Sehkraft von Mara zu retten. Im September 2014 wurde diese Operation erfolgreich durchgeführt.

Da es zu Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen kam, fuhren wir zu wöchentlichen Kontrollen die 600 km nach Essen. Nach Wochen voller Angst ging es dann ganz langsam wieder bergauf. Der Tumor ist seither ruhig und seit kurzem sind auch die Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen ganz zurückgegangen.

Das war für uns als Familie sicher nicht leicht, aber dennoch schweißt es einen noch enger zusammen. Wenn einem von uns die Kraft ausging, konnte der andere ihn auffangen. Mara selbst zeigte uns immer wieder, wie stark sie ist und konnte uns damit anstecken. Das gegenseitige Unterstützen und das gegenseitige Mut zusprechen war von enormer Wichtigkeit.

Dass es uns immer wieder gelungen ist uns aufzurappeln, haben wir zum großen Teil unserer Familie und unseren Freunden zu verdanken. Es ist unglaublich und beeindruckend, was wir für einen Rückhalt bekommen haben, bzw. immer noch bekommen. Viele aufbauende Gespräche, Besuche in unserer Zeit in Essen, Telefonate, Briefe und Umarmungen haben uns letztendlich immer wieder gestärkt. Und dafür möchten wir uns von ganzem Herzen bedanken. Ohne Euch hätten wir es nicht geschafft!

Außerdem haben wir auch dem Arbeitgeber und den Kollegen von Thomas viel zu verdanken, die es immer wieder ermöglicht haben, dass wir zu dritt nach Essen fahren konnten und immer noch können. Dies ist nicht selbstverständlich für uns gewesen.

 

Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Zeit gemacht? Was möchten Sie Eltern, die gerade die Diagnose bekommen haben, sagen? Was hat Ihnen am meisten geholfen?

So simpel es auch klingen mag, aber trotz aller Komplikationen sollte ein Hauch Optimismus und Hoffnung nie verloren gehen.

Außerdem hat es uns geholfen, der Angst ins Auge zu schauen und uns vorzustellen, wie es wäre, wenn Mara blind werden würde. Zunächst ist dies ein furchtbarer Gedanke, doch dann haben wir gemerkt, dass wir auch damit lernen würden umzugehen. Beeindruckend war diesbezüglich auch das Kennenlernen und Sprechen mit dem „Mutmacher“ der KinderAugenKrebsStiftung Martin Park auf dem Retinoblastomtreffen, der uns erzählte, was er trotz Blindheit in seinem Leben alles erreicht hat.

Weitergeholfen haben uns auch die Gespräche und Unterstützung durch die KinderAugenKrebsStiftung und der Kontakt zu mitbetroffenen Eltern, die wir in unserer Zeit in Essen kennengelernt haben. Dies waren schöne Erfahrungen für uns, denn „geteiltes Leid ist bekannterweise, halbes Leid“.

Wovon wir mittlerweile auch überzeugt sind, ist unterstützend zur Schulmedizin die Homöopathie. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht und profitieren immer wieder davon.

 

Wie geht es Mara, wie geht es Ihnen, heute?

Die Worte „Problem“ und „Sorge“ definieren wir jetzt anders. Außerdem sind wir mit der Aussage „…warum soll das ausgerechnet mir, bzw. uns passieren…“ mittlerweile auch sehr vorsichtig geworden, da wir gemerkt haben, dass so ein Schicksalsschlag wirklich jeden treffen kann.

Familie und Freunde werden wichtiger denn je und es tat uns gut, auch in der Öffentlichkeit ehrlich damit umzugehen.

Mittlerweile kehrt bei uns etwas Ruhe ein. Die Ruhe ist wahnsinnig schön, doch zugleich bringt sie einen auch viel zum Überlegen. Wir merken, dass wir die vergangene Zeit für uns noch aufarbeiten und verarbeiten müssen. Dabei hilft uns hoffentlich die geplante Familienkur.

Mara ist mittlerweile 18 Monate alt und ein absoluter Sonnenschein, der genau weiß was er will. Sie bekommt seit nun fast einem Jahr Frühforderung durch die Sehbehindertenschule Vorort, was ihr großen Spass macht. Wir beobachten Tag für Tag Fortschritte und bekommen tolle Tipps, um Maras Sehvermögen zu trainieren. Sie entwickelt sich altersentsprechend, braucht aber in bestimmten Situationen etwas mehr Zeit und Sicherheit.

Abschließend finden wir für die vergangene Zeit einen Satz sehr treffend und hoffen, dass er auch andere Familien motiviert, nie aufzugeben:

„Stark sein bedeutet nicht, nie zu fallen. Stark sein bedeutet, immer wieder aufzustehen…“

 

30.04.2015 | News, Stories